Wow, was die Stadtteile St. Leonhard, Schweinau und Sündersbühl zusammenhält und herausfordert! Bei der Offenen Redaktionskonferenz im Oktober 2025 haben sich zwölf Menschen aus dem Nürnberger Südwesten Zeit genommen, offen über ihre Sorgen, Hoffnungen und Ideen zu sprechen. In geschützter Atmosphäre wurde schnell klar: Es geht um weit mehr als den Frankenschnellweg. Chefredakteurin Lilien Wege erzählt von einem Abend, der nicht nur Probleme sichtbar machte, sondern auch erste Ideen für Lösungen aufzeigte.
Die Relevanzreporter-Redaktion hatte in die Villa Leon eingeladen, in den Stadtteil St. Leonhard, gleich hinter der Rothenburger Straße unweit des Frankenschnellwegs. Natürlich ist das große Umbauprojekt „Frankenschnellweg“ das Stadtgespräch im Südwesten Nürnbergs, aber eben auch nicht nur. Im Laufe des Abends sollten viele andere spannende Themen aufkommen.
Wie könnte ein fußgängerfreundlicher Stadtteil hier im Südwesten Nürnbergs aussehen?

Das Baureferat wurde in der Vergangenheit mal angesprochen, ob nicht auch ein fußgängerfreundlicher Stadtteil hier entstehen könnte, erzählen Norman und Christina vom Bürgerverein St. Leonhard. Doch Antworten stehen hier bisher aus. Die Leopoldstraße gelte als positives Beispiel ab dem kleinen Marie-Juchacz-Park bis zum Bolzplatz, sagen die Beiden – ganz anders große breite Ausfallstraßen, die schon autobahnähnlich wirken wie der Frankenschnellweg oder „An den Rampen“, wo Verkehrslärm dominiere und Aufenthaltsqualität fehle. Kreuzungsfreie Übergänge nach Gostenhof? Das wäre schon schön, meint beispielsweise Norman. Doch das werde es beim Umbau des Frankenschnellwegs leider nicht geben, so die einhellige Meinung aller Teilnehmer:innen, die die Planungen der Stadt genau kennen.
Mobilität und Infrastruktur
Radwege nach Schweinau? Zurzeit noch Fehlanzeige, obwohl doch der Ausflug Richtung Süden (ins Grüne) durchaus attraktiv wäre. Fahrradständer? Abmontiert. Bänke für Fußgänger? Mangelware, beschwert sich Teilnehmer Gerhard, der seit mehr als 50 Jahren in St. Leonhard lebt. Die Heinrichstraße sei überfüllt mit Autos, auf beiden Seiten werde geparkt, sodass man nur mühsam durchkommen. Quartiersparkhäuser wären eine Lösung, meinen die Anwesenden, fehlen aber auch. Und selbst wenn: Entscheidend bei all den Maßnahmen seien die Gebühren, sind sich die Teilnehmer:innen einig. Denn wenn die Parkplätze in Garagen zu teuer seien, könne sie rein finanziell niemand nutzen. So bleibe der „arme Stadtteil“ auf der Strecke, kommentiert Norman.
Wirtshaussterben und Café-Schließungen

Nicht nur die Mieten in den Wohnhäusern „gehen zum Teil durch die Decke“ (Norman), beliebte alteingesessene Restaurants und Cafés würden wegen zu hoher Mieten und Pachtverträge schließen, bestätigt auch Gerhard. In der unmittelbaren Umgebung der Villa Leon beispielsweise gebe es keine Bewirtung mehr, unterstreicht Teilnehmerin Christina.
Verdichtung, Gentrifizierung und Wohnungsnot
Gerade in St. Leonhard leben besonders viele Menschen auf engem Raum zusammen – nur eine Nürnberger Ecke ist noch dichter besiedelt, nämlich die Südstadt. Sechsgeschossige Luxusneubauten würden den dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum für Familien verdrängen. Möblierte Mikro-Appartements für 600 Euro umgehen offenbar gängige Mietkriterien. Die würden im großen Stile gebaut, während viele Familien schlichtweg keinen Platz fänden und wegziehen müssten, erzählt Teilnehmerin Ulla. Auch sie fand mit ihren Kindern keine adäquate Wohnung mehr und zog vor ein paar Jahren an den Stadtrand.
Bildung unter Druck

Die Michael-Ende-Schule platze aus allen Nähten, Kindergärten seien voll, Ganztagsbetreuung überlastet. Die Stadt hinke beim Ausbau hinterher – während die Bevölkerung wachse und sich das soziale Gefüge durch Gentrifizierung spürbar verändern würde, kritisieren die Teilnehmer:innen. Die Streetworker fangen auf: Gerade die von gemeinnützigen Anbietern würden wertvolle Arbeit leisten, die besonders bei den Jugendlichen gut ankäme, meint die anwesende Runde bei der Offenen Redaktionskonferenz in der Villa Leon.
Engagement und Hoffnung
Auch der Kulturladen „Villa Leon“ bietet neben Kulturevents alltägliche Hilfe an: Die zwei jungen Mitarbeiterinnen der Villa Leon, Lina und Finja, die bei der Offenen Redaktionskonferenz mit uns am Tisch sitzen, betonen, dass beispielsweise die Tauschregale sehr gut angenommen werden. Doch auch hier zeige sich, sind sich alle einig: Wenn zu wenig in Infrastruktur investiert werde, drohe der Strukturwandel zum sozialen Abstieg.
Das Fazit: Gerade St. Leonhard stünde im Vergleich zu anderen Stadtteilen (Stand: 22. Oktober 2025) laut einigen Teilnehmenden an einem Kipppunkt. Die Anwohner:innen hier können sich hohe Mieten nicht leisten, leben zum Teil in beengten Verhältnissen und haben nur sehr wenig kostenlose Freizeitangebote. Gerade hier bräuchten die Leute mehr Unterstützung von der Lokalpolitik, um bezahlbaren Wohnraum, weitere Begegnungsorte und Betreuungsangebote zu schaffen.
Die Bewohner:innen der Stadtteile im Südwesten sind daher oft selbst engagiert, haben Ideen für niedrigschwellige Angebote, damit möglichst alle abgeholt werden. Neben all den Herausforderungen, die am Abend angeschnitten worden sind, hatten die Teilnehmer:innen aber auch erste Lösungsansätze erörtert. Diese werden die Relevanzreporter in ihren weiteren Recherchen direkt aufgreifen.














