Wer ist obdachlos? Zwei Wochen lang habe ich für Euch recherchiert und dabei alles getroffen, nur nicht das Klischee vom Mann um die 50 in schmuddeliger Kleidung und mit Schnapsflasche unter der Brücke. Dafür aber Jugendliche mit Plänen, Erwachsene, die mir Einblicke gaben in ihren Alltag (als Betroffene oder Helfer:innen) und mehrere Ansätze, um das Leben von obdachlosen Menschen zu verbessern.
„Wir sind die Wegbegleiter für Jugendliche auf einem Stück ihres Weges durch die Hölle“. So beschreibt Sozialpädagoge Bo T. (42) seinen Job. Er ist hauptamtlicher Mitarbeiter im Sleep-in, einer Notschlafstelle für wohnungslose 14- bis 21-Jährige. An 365 Tagen im Jahr finden sie unweit der Königstraße einen Schutzraum. Hölle, Schutzraum… Die Bedeutung dieser Begriffe, habe ich erst in dieser Nacht wirklich verstanden.
Es ist schon kurz vor Mitternacht und damit bald Schlafenszeit für die bereits anwesenden Jugendlichen. Da klingelt es. Kurze Zeit später sitzt eine Jugendliche am Küchentisch, den Kopf auf die Tischplatte gelegt. Sie zittert am ganzen Körper. Die Sohlen ihrer Turnschuhe quietschen leise bei jedem Wippen ihrer Füße auf dem Linoleum-Fußboden – und sie wippen in rasendem Tempo. Ihre Angst ist sicht- und spürbar.
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Erst einmal zuhören
Auf der Straße habe es handfesten Streit gegeben. „Ich habe die Polizei gerufen und bin dann direkt zu Euch gelaufen“, sagt sie, während sie kurz aufsieht und sich vor Entsetzen das Gesicht reibt. Schutzraum. Die Mitarbeitenden des Sleep-in nehmen das ernst: „In die Einrichtung kommt niemand Unbefugtes rein“, versucht Bos Kollegin Isa M. (28) die aufgelöste Jugendliche zu beruhigen. Ansonsten hört sie erst einmal zu, kocht Tee, gibt Zeit zum
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