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Marc Tawadrous

Relevanzreporter

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Macht und Zwänge des Journalismus’ in der Region

Von: Marc Tawadrous

Lesezeit: 3 Minuten

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Demokratie ist nicht selbstverständlich, auch wenn es sich oft so anfühlt. Um sie zu erhalten, braucht es Debatten, kritische Auseinandersetzungen mit den Meinungen von anderen und Kompromisse. Lange hat der klassische Journalismus diese Rolle gefüllt, doch in einer sich immer schneller verändernden Welt mit immer mehr großen Problemen muss sich auch der klassische Journalismus verändern. Über diese große Aufgabe hat RR-Gründerin Alexandra Haderlein mit Wolfgang Händel, Redaktionsleiter der Fürther Nachrichten, beim „Demokratie-Salon“ des Vereins Bluepingu in Fürth gesprochen.

Wie steht’s um die wenigen verbliebenen Lokalmedien in der Region? Welchen Zwängen sind sie unterworfen? Wo liegen Chancen? Darüber und noch viel mehr sprachen die beiden Lokaljournalist:innen im Fürther Veranstaltungsraum “Tatütata” des Vereins Bluepingu. Unter der Moderation von Bluepingu-Mitglied Kerstin Seeger gaben Alexandra Haderlein und Wolfgang Händel tiefe Einblicke in die Arbeitsweise ihrer Redaktionen und berichteten von der derzeitigen Verfassung der lokalen Medien (Spoiler: nicht wirklich gut…).

Wenig Zeit für Tiefe

Der Chef der Fürther Nachrichten gab der Relevanzeporter-Gründerin, die selbst 14 Jahre für den Verlag Nürnberger Presse gearbeitet hatte, zum Beispiel Recht, dass dem tagesaktuellen Journalismus aufgrund von Personal-Einsparungen mittlerweile oft die Zeit fehle, wirklich tief in Themen einzudringen. Dabei ist das besonders auf lokaler Ebene wichtig, wie beide Redakteur:innen beteuern. Die Relevanzreporter setzen deshalb auf weniger Output – Qualität statt Quantität, wenn man so möchte: Sie wissen von ihren Nutzer:innen, dass sie nicht jedes Kleinklein der Region berichtet bekommen wollen, sondern lieber das große Ganze verstehen wollen.

Der Abend zum Nachschauen

Moderatorin Kerstin Seeger (von links nach rechts) im Gespräch mit Alexandra Haderlein (Relevanzreporter) und Wolfgang Händel (Fürther Nachrichten) im Fürther “Tatütata”. Foto: Florian Friedrich/ Bluepingu

Das gesamte Gespräch findest Du auf dem Youtube-Kanal des Vereins “Bluepingu”. Titelthema: “Spotlight: Medien; September 2022”. Darin gibt es auch noch mehr Einblicke in den Redaktionalltag der Relevanzreporter und von den Fürther Nachrichten. 

Schließlich ist es der Journalismus aus und für die Region, der am nähesten an den Menschen dran ist, der Themen aufgreift, die Bezug zur Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort haben. Genau deshalb hat der Lokaljournalismus die Macht, oder besser die Verantwortung, den sozialen Zusammenhalt, das Verständnis füreinander sowie die Demokratie an sich zu festigen. Dennoch werden die Lokalredaktionen nicht nur in Nürnberg “sondern Deutschlandweit immer kleiner, Redakteure reihenweise entlassen“, beschreibt Alexandra Haderlein die Entwicklung der Branche, die inzwischen schon Jahre anhält.

Bad News, gefährlich für die Demokratie

Ob Journalismus nicht zu negativ sei, lautet eine Frage aus dem Publikum im Fürther Demokratie-Salon. Relevanzreporter-Gründerin gibt die Frage weiter an alle Anwesenden in der Runde: „Wie oft habt Ihr in den vergangenen Tagen oder Wochen schon einmal den Fernseher oder das Radio abgeschaltet oder Smartphone beziehungsweise Zeitung weggelegt, weil Ihr genug von den schlechten Nachrichten hattet?” Mehr als die Hälfte meldete sich. Alexandra Haderlein zitiert Studien wie den Reuters News Report 2022, die die Mediennutzung weltweit untersuchen und zu ähnlichen Ergebnissen kommen: “Immer öfter fühlen sich die Menschen von den negativen Nachrichten regelrecht überrollt und setzten sich deshalb auch weniger mit den journalistischen Angeboten auseinander. Laut der Relevanzreporter-Gründerin ein Problem, denn “alle, die aufgrund der problemorientierten Nachrichten ausschalten, verpassen dann womöglich auch andere wichtige Themen, wie zum Beispiel ein Wahlergebnis, was direkt im Anschluss vermeldet wurde.” Der Diskurs und die Bürgerbeteiligung geraten dadurch in Gefahr zu sinken – „dann bekommen wir ein Problem in unserer Demokratie“, so Alexandra Haderlein weiter.

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Mehr Lösungsfindung: Luxusgut oder Notwendigkeit?

Über Probleme zu berichten, da sind sich beide Lokalredakteur:innen einig, ist wichtig und richtig. Doch die Rahmenbedingungen (immer weniger Personal muss dennoch täglich eine Zeitung, ein TV- oder Radioprogramm füllen) werden seit Jahren eher schlechter als besser. Das wurde auch bei diesem Themenabend deutlich. Alexandra Haderlein hat dem Lokaljournalismus deshalb nach 14 Jahren den Rücken gekehrt, ihre Festanstellung aufgegeben und nach Lösungen gesucht – wollte Journalismus wieder stärker an die Menschen ihrer Generation, den sogenannten Millennials (24- bis 39-Jährige bringen). Das Ergebnis: die Relevanzreporter, die den Blick auf die Lösungen und die Einbeziehung der Menschen legen, für die sie schreiben. Der Tageszeitungs-Redakteur Wolfgang Händel beneidet die Relevanzreporter um diese Freiheit, nicht jeden Abend eine Zeitung in den Druck bringen zu müssen, Zeit für lange Recherche zu haben.

Objektivität im Journalismus

Eine weitere Frage aus dem Publikum zielte auf die Objektivität von Journalismus: Einen komplett objektiven Journalismus gibt es laut Alexandra Haderlein nicht, schließlich schauen alle, auch Journalist:innen, mit ihren jeweils eigenen Augen und ihren eigenen Erfahrungen auf die Welt. Genau deshalb braucht es aus Sicht der Relevanzreporter:innen den Dialog mit den Bürger:innen: Menschen einbeziehen, die entweder mehr Ahnung von einem Thema haben oder anderer Meinung sind. “Dann schauen nämlich nicht mehr nur meine Augen, sondern die von vielen auf ein Thema und es gelingt echte Perspektivenvielfalt”, meint Alexandra Haderlein.

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