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Stephanie Siebert

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Eltern an Corona erkrankt: Was wird aus den Kindern?

Von: Stephanie Siebert

Es ist die große Angst vieler Eltern und vor allem Alleinerziehender: Was ist, wenn wir so schwer an Corona erkranken, dass wir unsere Kinder nicht mehr versorgen können? Die gute Nachricht ist: In Nürnberg arbeiten viele Menschen sehr engagiert daran, dass gut für die Kinder gesorgt ist. Unsere Redakteurin Stephanie Siebert erklärt, wie das läuft.

Zunächst die gute Nachricht: Bisher (Stand: Mai 2021) sind solche Fälle, bei denen der Zustand der Eltern derart kritisch ist, dass Gesundheits- oder Jugendamt tätig werden mussten, extrem selten. Das zeigt auch der vergebliche Versuch unserer Relevanzreporterin Stephanie Siebert, eine betroffene Familie zu finden, die von ihren Erfahrungen berichtet – trotz über 400 Retweets ihrer Suchanfrage auf Twitter.

Dass sie dennoch von einem Einzelschicksal erzählen kann, hat sie Philipp Bornschlegl vom Nürnberger Gesundheitsamt und der Sozialpädagogischen Familienhilfe Angela Zeisner zu verdanken. Die beiden zeigten großen Einsatz, um einer an Corona erkrankten Alleinerziehenden (die hier anonym bleiben möchte) mit ihren vier Kindern zu helfen.

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Immer mehr schwere Verläufe auch bei Jüngeren

Die Inzidenzen steigen sowohl bei den Kindern also auch bei den 25- bis 49-Jährigen immer schneller – und das seit Februar 2021, wie die wöchentlich aktualisierte Liste des Robert-Koch-Instituts zeigt. Im Zusammenhang damit häufen sich auch die schweren Verläufe bei jüngeren Menschen. Doch es muss nicht einmal ein schwerer Verlauf sein, bei dem die erkrankte Person im Krankenhaus landet: Wer schon einmal eine echte Influenza-Infektion hatte, weiß, dass einen auch ein leichter bis mittlerer Corona-Verlauf mit hohem Fieber komplett ausknocken kann. Ich habe deshalb für Dich nachgefragt: Welche Möglichkeiten gibt es für Familien in unterschiedlichen Szenarien?

Eine Familienhilfe im Einsatz

Angela Zeisner hat als sozialpädagogische Familienhelferin eine coronakranke Alleinerziehende unterstützt. Foto: privat

Im Fall der oben genannten Alleinerziehenden mit vier Kindern sah es zunächst alles andere als rosig aus. Sie infizierte sich mit dem Corona-Virus – obwohl sie immer so vorsichtig gewesen war. Und nun hat es sie doch erwischt – womöglich sogar im Krankenhaus, in das sie mit ihrem kleinen Sohn einige Tage vor Symptombeginn gehen musste. Zunächst hat sie lediglich Erkältungssymtome, doch dabei bleibt es nicht. Ihr Sauerstoffsättigungswert verschlechtert sich, sie leidet unter Atemnot. Oft sind es in solchen Fällen Nachbar:innen oder Freund:innen, die betroffene Familien mit Einkäufen und Essen versorgen. In diesem Fall hatte die Alleinerziehende aber lediglich ihre Schwester als Unterstützung – die ausgerechnet zur selben Zeit an Corona erkrankt war.

Doch die Frau hat Glück im Unglück: Bereits seit 2019 betreut eine Sozialpädagogische Familienhilfe (kurz: SPFH) des Vereins für sozialpädagogische Jugendbetreuung (kurz: VSJ) die Familie. Der Kontakt war also schon da. Angela Zeisner stellte zweimal täglich Essen vor die Tür, telefonierte mit der Erkrankten und den Kindern, tröstete und sprach Mut zu. Sie informierte die Lehrer:innen und Erzieher:innen der Kinder, schickte einen Bereitschaftsarzt vorbei und informierte das Jugend- und das Gesundheitsamt. Für Familienhelferin Angela Zeisner ist ihr überdurchschnittlicher Einsatz selbstverständlich: “Die Frau hätte sonst keine Unterstützung gehabt und wohl auch nicht um Hilfe gebeten”, vermutet sie. Und fügt hinzu: “Das Kindeswohl steht für mich immer an erster Stelle.”

Die meisten Mitarbeitenden im Gesundheitsamt sind Kinderärzt:innen

Das ist auch im Nürnberger Gesundheitsamt der Fall. Weil hier viele Stellen angeschlossen sind, die sich um die kindliche Gesundheit kümmern – etwa die Frühen Hilfen oder der Kinder- und Jugendärztliche Dienst -, arbeiten im Gesundheitsamt viele Kinderärzt:innen. Einer von ihnen ist Philipp Bornschlegl. Er ist auch der stellvertretende Behördenleiter. “Kinder liegen uns naturgemäß besonders am Herzen und obwohl wir hier seit Monaten völlig am Limit arbeiten, versuchen wir, in schwierigen Situationen für alle eine gute Lösung zu finden.” Natürlich auch, wenn eine Familie keine Familienhilfe zur Unterstützung hat.

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Philipp Bornschlegl ist stellvertretender Leiter des Gesundheitsamts Nürnberg. Foto: privat

Philipp Bornschlegl war intensiv mit dem Fall der Alleinerziehenden befasst: “Als nicht sicher war, ob die Frau zuhause bleiben kann, habe ich mich beim Klinikum Nürnberg erkundigt, ob dort im Notfall auch die (bis auf eines) negativ getesteten Kinder mit aufgenommen werden könnten.” Er bekam die Zusage – zum Glück für alle Beteiligten kam es aber nicht dazu, die Frau ist mittlerweile genesen, ohne ins Krankenhaus gemusst zu haben.

Wer infiziert ist, sollte sich schnell Unterstützung suchen

Frank Schmidt, der stellvertretende Leiter des Nürnberger Jugendamts, empfiehlt infizierten Eltern, sich möglichst schnell Unterstützung zu suchen – wenn möglich, durch Verwandte, Freund:innen oder Nachbar:innen. “Entweder, die Kinder werden für 14 Tage woanders hingebracht, oder jemand kommt täglich für ein paar Stunden in die Wohnung, kocht und versorgt die Kinder.” Das gehe freilich nur unter Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen. “Manchmal gibt es ja vielleicht auch schon geimpfte Familienmitglieder, die einspringen können.” Ansonsten seien es oft Nachbar:innen, die Einkäufe vor die Tür stellen.

Krankenkasse oder Jugendamt sind da

Wer keine Unterstützung aus seinem Umfeld organisieren kann, sollte auf seine Krankenkasse zugehen: Wenn beide Eltern (oder eine alleinerziehende Person) schwere Symptome haben und die Kinder nicht anderweitig betreut werden können, besteht die Möglichkeit, eine Haushaltshilfe zu beantragen. Die Krankenkasse entscheidet nach Vorlage eines Attests, ob und wie lange sie eine Haushaltshilfe genehmigt.

Ist auch das keine Möglichkeit, etwa weil die Eltern stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen, und es besteht eine Kindeswohlgefährdung, nimmt das Jugendamt sie vorübergehend in Obhut. “Wir haben verschiedene Unterstützungsangebote”, erklärt Frank Schmidt. Kinder unter 3 würden in Familien untergebracht werden, der sogenannten familiären Bereitschaft. “Größere Kinder werden über den Kinder- und Jugendnotdienst in kleinen Gruppen untergebracht. Der stellvertretende Jugendamtsleiter erinnert sich an einen solchen Fall: “Da ging es um drei Geschwister. Für die Kinder war es schön, weil sie einander hatten. Die Unterbringung war aber eine kleine Herausforderung – zumal Geschwister möglichst zusammenbleiben sollen.”

Im Klinikum wurden erst zweimal Kinder mit den Eltern aufgenommen

Normalerweise kämen negativ getestete Kinder zu Verwandten, wenn ihre Eltern wegen einer Corona-Erkrankung ins Krankenhaus müssten, heißt es vonseiten des Klinikums Nürnberg. “Letztlich ist es aber immer eine Einzelfallentscheidung, die wir treffen”, betont die Pressesprecherin des Klinikums, Sabine Stoll. Seit Beginn der Pandemie (Stand: Mai 2021) sei es erst zweimal vorgekommen, dass auch die Kinder positiv getestet worden waren und mit den Eltern gemeinsam in einem Zimmer isoliert wurden. “Letztlich halte ich das auch bei negativ getesteten Kindern für die beste Variante, wenn es nicht die Möglichkeit gibt, dass sie zu Verwandten kommen”, sagt Philipp Bornschlegl vom Nürnberger Jugendamt.

Bei der hochansteckenden britischen Corona-Variante B.1.1.7 sei es ohnehin mehr als wahrscheinlich, dass sich die Kinder bei Symptombeginn der Eltern bereits angesteckt oder vorher eine Infektion durchgemacht haben. Letztlich liege die Entscheidung natürlich beim Klinikum, aber, so Philipp Bornschlegl: “Das minimale Risiko, dass die Kinder sich dann noch anstecken, würde ich angesichts der meist milden Verläufe bei Kindern eingehen.” Er hält es gerade für kleinere Kinder für problematischer, wenn sie von ihren Eltern getrennt untergebracht werden.

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Löschen

Hier findest du Hilfe, wenn du wegen Corona deine Kinder nicht versorgen kannst:

Wer sich mit Corona angesteckt hat, steht sowieso in ständigem Kontakt mit dem Gesundheitsamt. Die Mitarbeitenden dort helfen bei allen Fragen, die sich durch die Erkrankung ergeben, und können Betroffene weitervermitteln.

Wenn es niemanden gibt, der sich um die Kinder und den Haushalt kümmern kann, besteht die Möglichkeit, bei der Krankenkasse eine Haushaltshilfe zu beantragen.

Sind alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft und es besteht eine Kindeswohl-gefährdung, dann greift das Jugendamt ein und nimmt die Kinder vorübergehend in Obhut. Sehr kleine KInder kommen in Bereitschafts-Pflegefamilien, größere werden in Wohngruppen untergebracht. Geschwister bleiben zusammen.

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