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Corona: Ihr fragt, Nürnbergs Lungen-Chefarzt gibt Antworten

Von: Alexandra Haderlein

Die Corona-Pandemie hält an, die Verwirrung auch. Während immer mehr Lockerungen greifen, fragen sich viele: Wie gefährlich ist Omikron? Was im Alltag ist okay, was gefährlich? Worauf nun noch achten? Wir haben Eure Fragen gesammelt und Prof. Dr. Joachim Ficker für Euch antworten lassen. Er ist der Chefarzt der Lungenklinik am Nürnberger Klinikum und damit auch bestens informiert über die Situation auf der Corona-Station.

Situation im Krankenhaus

Welche Art von Patient:innen liegt denn gerade (Stand: 19. Februar 2022) auf der Intensivstation?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Es sind in erster Linie Menschen, die eine Störung des Immunsystems haben und bei denen dann zum Beispiel auch die Impfung nicht gut wirken konnte. Klassisches Beispiel sind hierfür Patienten mit Dialyse oder auch Knochenmarks- oder Krebserkrankungen. Es liegen dort manchmal aber auch junge Leute, zum Beispiel 40-Jährige, die sonst keine Vorerkrankungen haben, die keine erkennbaren Risikofaktoren haben – und diese jungen Patienten  können auch sterben, wenn sie Pech haben, auch mit der Omikron-Variante. Es ist immer auch ein Grundrisiko da, Pech zu haben und einen schweren Krankheitsverlauf zu haben. Ein wenig wie beim Lottospielen. Das Risiko ist nie Null.

Bei Ihrem Besuch im Presseclub im Februar 2021, berichteten Sie von vorrangig übergewichtigen Leuten auf der Intensivstation. Wie stark trifft die Omikron-Variante gerade auch diese Menschen?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Es ist weiterhin das gleiche Portfolio an Risikofaktoren wie vorher auch. Da sind ganz vorne: Alter, Übergewicht und dann kommen die verschiedenen Begleiterkrankungen dazu. Es ist tatsächlich so, dass inzwischen auf der Intensivstation nur wenige COVID19-Patienten liegen, die tatsächlich eine schwere Lungenvorerkrankung haben, denn das sind, nüchtern formuliert, diejenigen, die den Weg auf die Intensivstation oft gar nicht mehr schaffen. Auf der Intensivstation sind eher Patienten, die insgesamt ein Problem mit ihrem Immunsystem haben und da spielt das Übergewicht mit hinein.

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Ich selbst bin geboostert, habe aber Angst vor ungeimpften Pflegekräften. Wie begründet ist meine Angst?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Es kommt drauf an, in welchem Setting das ist und wie mit den Hygienemaßnahmen insgesamt umgegangen wird. Ich höre wenig Sorgen aus Kliniken, sondern vor allem immer wieder Sorgen von Menschen aus Pflegeheimen, die man ja wirklich nicht alle über einen Kamm scheren. In den Kliniken ist es so, dass die Mitarbeiter zumindest bei uns im Klinikum Nürnberg bei jedem Patientenkontakt eine FFP2-Maske tragen und wir haben eine Impfquote von 90 bis 95 Prozent. Zumindest für meine Bereiche kann ich eine Gefährdung von Patienten durch Pflegekräfte nachzu 100% ausschließen. Aber in den Pflegeheimen lasse ich mir sagen, dass es manchmal tatsächlich noch deutliche Risiken gibt. Und es ist ja einer der Gründe, warum diese Einrichtungen bezogene Impfpflicht überhaupt diskutiert wird.

Werden aufgrund der Personal-Engpässe bei den Pflegekräften derzeit (Stand: 19. Februar 2022) weiterhin Behandlungen verschoben?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Bei uns gibt es keine Verschiebungen von dringlichen Eingriffen bei schweren Erkrankungen mehr. Es gibt manchmal kleine Terminverschiebungen, z.B. dass jemand vom Vormittag in den Nachmittag verschoben wird oder vielleicht auch mal auf den Folgetag oder vom Freitag auf den Montag, wenn’s ganz blöd läuft. Aber nichts, was darüber hinausgeht.

Hier gibt’s Orientierung

Es gibt mittlerweile so viele Informationen. Ich habe überhaupt keine Ahnung mehr, wer auf welche Zahlen, Quellen und Informationen ich mich verlassen kann. Sie haben das Fachwissen, was empfehlen Sie mir: Wohin kann ich mich wenden und weiß, die Information ist nicht verkehrt?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Ich würde mich tatsächlich an die staatlichen Informationsquellen halten. Diese sind z.B. das Robert-Koch-Institut (kurz: RKI) und das Bundesgesundheitsministerium und die Seiten, die diese betreiben und unterstützen. Man kann auch die öffentlich rechtlichen Medien wirklich nutzen, die sind solide. Wovon ich absolut abrate, sind irgendwelche Quellen und Angebote im Internet, wo einzelne Leute vielleicht einen Doktor- beziehungsweise Professorentitel haben oder irgendwelche Vereine gegründet haben, aber ansonsten keinerlei Legitimation haben und keiner Kontrolle dessen unterliegen, was sie da so von sich geben. Also bitte wirklich auf die offiziellen Quellen berufen, auf die Leute, die wirklich auch in medizinischen Fachgesellschaften eine Rolle spielen. Wenn jemand es wirklich ganz genau wissen will, kann er den Podcast der Virologen Christian Drosten und Sandra Ciesek hören, der ist ganz hervorragend. Das sind solide Quellen.

Mutationen – Wie viele noch?

Stichwort Zukunft: Müssen wir mit weiteren Varianten rechnen?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Es gibt Corona-Viren schon seit Jahrhunderten in verschiedensten Varianten bei Menschen sowie im Tierreich und ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass nicht weitere Varianten auf uns zukommen. Man muss auch überlegen: Egal, wie wir hier in Deutschland oder Europa das Ganze unter Kontrolle bringen. Das ist eine Pandemie, d.h. es betrifft die ganze Welt, auch Gebiete wie  Subsahara-Afrika oder in bestimmte Bereichen Asiens, wo die Gesundheitssysteme in ganz prekären Zuständen sind. Da wird es gar nicht vermeidbar sein, dass immer wieder große Mengen an Menschen infiziert werden und sich so auch neue Varianten bilden.

Was halten Sie von der (Stand: 19. Februar 2022) neu aufgekommenen Omikron-Untervariante BA.2, die gefährlicher sein soll als Omikron, weil sie sich wieder deutlich stärker auf die Lunge legen soll?

Prof. Dr. Joachim Ficker: BA.2 scheint etwas infektiöser zu sein als BA.1. Es gibt Hinweise darauf, dass es im Krankheitsverlauf winzige Unterschiede zu der aktuellen Variante geben könnte. Da ist jetzt aber noch nichts dabei, was für den einzelnen Bürger, Patienten oder auch den einzelnen Arzt irgendeine Bedeutung hat. Und ob es einen Einfluss auf den Verlauf der Pandemie hat, dazu haben wir aktuell noch keine Daten, aber den erwarte ich auch nicht.

Kann man sagen, wie krank machend weitere Mutationen sein können?

Prof. Dr. Joachim Ficker: “Sein können” ist immer eine schwierige Frage: Das Spektrum liegt zwischen 0 und 100. Da können Varianten kommen, die wie ein Schnupfen verlaufen, und es können Varianten kommen, die wieder relativ schwere Erkrankungen machen wie die Delta-Variante des Virus.

Glauben Sie, dass wir nochmal zurückkommen zu so einer Situation wie zu Beginn von Delta, als Krankenhäuser am Anschlag und das gesellschaftliche Leben derart eingeschränkt war?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Es wäre unseriös, jetzt (Stand: 19. Februar 2022) eine Einschätzung zu geben. Wir müssen uns auf solche Situationen vorbereiten, weil die Wahrscheinlichkeit eben nicht Null ist, aber genauer wissen wir es nicht. Aber: Wenn mal neue Varianten da sind, sind wir heutzutage in der Lage, diese sehr schnell sehr gut zu beurteilen. Wenn Sie sich überlegen, wie präzise die aktuelle Omikron-Welle vorhergesagt wurde – in Ihrem Zeitverlauf und sogar in der Ausprägung: Es ist ja unglaublich, wie gut das gelungen ist. Aber das kann man erst, wenn man bestimmte grundlegende Daten von einer Variante hat. Und jetzt zu sagen, “Es könnte diese Variante geben und dann passiert das…”, wäre nicht seriös.

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Löschen

Wie lange dauert denn diese Pandemie noch?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Sie wird kein festes Ende haben. Da wird es nicht einen Tag geben, an dem alles vorbei ist. Diese Pandemie wird in weiteren Wellen noch sicher auf einige Jahre hinaus – viel genauer kann das niemand sagen – weitergehen. SarsCov-Infektionen wird es für immer geben: Dieses Virus wird nicht mehr von dieser Welt verschwinden, aber irgendwann ist es dann allmählich auch keine Pandemie mehr. Irgendwann geht das Ganze dann in eine sogenannte Endemie über. Das heißt, wir haben auf dieser Welt eine Erkrankung, die immer mal wieder jemanden betrifft, so wie es jetzt auch bei der Influenza oder bei anderen Erkrankungen der Fall ist. Mit dem Schweregrad der Erkrankung hat das „Ende der Pandemie“ übrigens nicht zu tun. Auch in der sog. Endemie können schwere und schwerste Erkrankungen auftreten. Da dürfen wir uns keine Illusionen machen. Und das ist einer der Gründe, warum wir uns alle impfen lassen müssen.

Können Sie uns erklären, wie man Mutationen vermeiden kann?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Ja, das ist ganz wichtig: Mutationen kann man dann vermeiden, wenn möglichst wenige Infektionen auftreten. Mutationen treten auf, wenn sich Viren in einem Organismus vermehren und dabei Fehler passieren. Dann entsteht eine neue Variante. Trifft diese auch noch auf gute Lebensbedingungen und gute Chancen, andere Menschen zu infizieren, verbreitet sie sich. Und wenn einfach insgesamt die Infektionsaktivität in einer Bevölkerung niedrig ist, dann können 1. schon mal weniger neue Varianten entstehen und 2. selbst wenn, diese sich nicht so gut ausbreiten. Deswegen ist der beste Schutz gegen neue Varianten neben dem Abstand halten das Impfen.

Ein paar Antworten zur Impfung

Was hilft ein Impfschutz hier, wenn anderswo auf der Welt kaum geimpft wird?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Wir müssen diese Pandemie als solche begreifen, das heißt, wir müssen uns auch kümmern, was in anderen Ländern, auf anderen Kontinenten passiert. Und ich finde es schrecklich, wie wenig Impfstoff für arme Länder letztendlich zur Verfügung gestellt wird. Es gibt Länder, die haben die Impfquote von ein, zwei, drei Prozent. Das ist aber nicht nur ein humanitärer Skandal den Menschen gegenüber, die dort leben. Es ist auch einfach dumm, weil diese Varianten ja auch auf uns zurückkommen können. Aber als Bürger in Deutschland jetzt zu sagen, deswegen lasse ich mich hier auch nicht impfen’ wäre auch Unfug, denn je mehr Immunität wir in unserer Bevölkerung haben, desto besser sind wir auch hier geschützt.

Was ist der Unterschied von der zweiten zur dritten Impfung?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Ich vergleiche das gerne mit einem Blumenstrauß: Wenn wir nur zweimal mit einem Impfstoff impfen, der ursprünglich zur Bekämpfung der klassischen Variante ausgelegt ist, schützt er noch nicht (sehr stark) gegen Omikron. Wenn wir aber dann den Booster geben, dann schützt der gleiche Impfstoff plötzlich auch gegen eine Variante, gegen die er eigentlich gar nicht entwickelt wurde, nämlich Omikron. Die Reaktion des Immunsystems ist nämlich abhängig davon, ob der Kontakt etwas völlig Neues ist oder das Immunsystem schon mal in gewisser Weise vorbereitet wurde. Wenn letzteres der Fall ist, kann das Immunsystem nochmal ganz anders, nämlich „breiter“ reagieren. Die Hoffnung ist also, dass wir durch eine möglichst flächendeckende Immunität eine gewisse Schutzwirkung aufbauen, die auch schützt, wenn eine neue Variante kommt.

Wie oft werden wir noch boostern? Und: Wird die Impfreaktion irgendwann weniger heftig? Mich zerlegte es regelmäßig.

Prof. Dr. Joachim Ficker: Zur Anzahl der Booster-Impfungen: Das weiß ich nicht, das hängt auch davon ab, über welchen Zeithorizont wir reden. Es kommt vor allem darauf an, was die nächsten Varianten sein werden. Zum Thema Impfreaktionen: Es wird immer vergessen, aber die Allermeisten haben so gut wie keine spürbaren Impfreaktionen. Darüber wird nur oft nicht berichtet/ gesprochen. Man muss aber auch nochmal klipp und klar sagen: Diese Impfreaktion ist ja eigentlich etwas, was ich haben möchte. Ich selber neige auch dazu, bei den mRNA-Impfstoffen abends etwas Fieber und Schüttelfrost zu haben und ohne es zu übertreiben: Ich freue mich quasi darüber, weil ich merke, mein Immunsystem trainiert sich und ist vorbereitet, wenn dann das echte Virus kommt. Ich gehe aber unabhängig davon auch davon aus, dass die Impfstoffe natürlich immer weiter entwickelt werden und damit die Verträglichkeit weiter zunimmt.

Ansteckungsgefahr im Alltag

Wie verläuft denn eine typische Omikron-Erkrankung?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Der Verlauf bei Omikron ist im Prinzip gleichartig wie bei den vorherigen Varianten. Es ist etwas mehr Symptomatik in den oberen Atemwegen, also Beschwerden in der Nase, vor allen Dingen Kratzen im Hals – eher so, wie eine „normale“ Erkältung. Die Schwere der Erkrankung kann aber neben der Immunitätslage auch davon abhängig sein, wie viel Virus man abbekommt. Das ist ein ganz wesentlicher Faktor. Wenn ich also Pech habe, kann die Erkrankung genauso wie typischerweise bei der Delta-Variante absteigen, in die unteren Atemwege sowie die Lunge und eine Lungenentzündung verursachen. Gleichzeitig ist der Geruchsverlust, wie man ihn ebenfalls noch von der Delta-Variante kennt, bei Omikron eher seltener. Wobei wir nicht wissen, ob das jetzt wirklich am Virus alleine liegt oder auch an der zunehmenden Immunität derer, die nun Infektionen haben. Und es gibt weiterhin Magen-Darm-Beschwerden bei SarsCov2-Infektionen wie Magendrücken oder auch Durchfall-Symptome – dieser mögliche Zusammenhang wird oft übersehen.

Wie schlimm für mich selbst ist es, wenn ich infiziert bin, aber keine Syptome habe: Kann ich die Erkrankung verschleppen?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Wenn ich eine Infektion, aber keine Beschwerden habe, würde ich mich darüber freuen. Denn das heißt, dass mein Immunsystem gut ist, es mich geschützt hat und so nebenbei nochmal eine Art Trainingsprogramm absolviert hat. Da kann man nichts „verschleppen“. Was man natürlich trotzdem sagen muss: Bei ganz vielen Virusinfektionen, nicht nur SarsCov2, können Nebenwirkungen auftreten. Zum Beispiel die Herzmuskelentzündung, über die im Rahmen der Corona-Schutzimpfungen so viele sprechen, ist typischerweise eine Folge einer Erkältung. Sprich: Viele andere Erkrankungen können durch harmlose, teilweise eben sogar a-symptomatische Virusinfekte getriggert werden. Jede Virusinfektion hat auch im a-symptomatischen Verlauf ein gewisses Risiko. Das muss man auch im Kopf haben, wenn man sich überlegt, sich nicht impfen zu lassen.

Man spricht mittlerweile so oft von a-symptomatischen, also symptomlosen Erkrankungen. Wie häufig sind sie wirklich?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Das wissen wir natürlich nicht genau. Denn sie fallen ja prinzipiell nicht auf. Aber es ist schon so, dass ein gewisser Anteil (so riesig würde ich den gar nicht einschätzen) a-symptomatisch oder  oligosymptomatisch ist. Das heißt: wenige Symptome hat, wie bei einer Erkältungserkrankung. Aber die meisten, die diagnositziert werden, sind schon milde Erkrankungen. Wobei “milde” nicht heißt, dass es völlig harmlos ist. “Milde” für uns Ärzte sind all jene Verläufe, die nicht in die Klinik führen und auch nicht dazu, dass der Patient Sauerstoff braucht und so weiter. Aber da kann man trotzdem schon ein paar Tage im Bett liegen, Fieber haben, Gelenk- sowie Kopfschmerzen, Husten und all die Dinge; und hinterher noch mal ein bis zwei Wochen brauchen, bis man wieder auf die Beine kommt, auch mit einem gewissen Post-Covid-Risiko. Und es war dann immer noch eine von der Bezeichnung her „milde“ Infektion. Diese Story “Omikron ist quasi von sich aus per sé schon sehr viel harmloser”, ist schon eine deutliche Verharmlosung. Die Tatsache, dass wir jetzt eine Phase der Pandemie haben, in der die Krankenhäuser nicht überlastet sind, liegt in aller, aller, aller erster Linie am Impfen und nicht an „harmlosem“ Omikron.

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Wie lange bin ich nicht mehr ansteckend/ immun, wenn ich geboostert bin und frisch genesen (rund ein Monat) bin?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Ansteckungsfähigkeit und Immunität sind zwei verschiedene Dinge. Die Ansteckungsfähigkeit ist im Regelfall etwa 10 Tage nach einer Infektion weg. Wie lange die Person danach immun ist, kann man natürlich nicht mit Datum angeben. Die Immunität ist ja nie ein absoluter Schutz. Und wenn ich eine hohe Infektionsdosis von einer aggressiven oder neuen Virusform abbekomme, dann kann ich mich trotz guter Immunität infizieren und auch erkranken. Es ist also immer ein relativer Schutz, abhängig vom eigenen Immunsystem und macht es so schwierig, zu beurteilen beziehungsweise zu diskutieren, ob irgendwelche „Rechte“ für Genesenedrei Monate oder sechs Monate gelten sollten. Aber wenn ich geboostert bin und eine asymptomatische Infektion durchgemacht habe, bin ich hinterher nochmal ein bisschen besser geschützt und habe normalerweise für viele Jahre einen guten Immunschutz aufgebaut.

Stimmt es, dass ich mit Booster-Impfungen und Genesenen-Status das Virus selbst nicht mehr weitergeben kann, weil ich ja selbst erstmal neu infiziert sein müsste?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Ja. Nur Infizierte können das Virus weitergeben. Aber Achtung: Infizierte können auch a-symptomatisch sein. Eine sterile Immunität (also, dass man selber überhaupt nicht mehr erkrankt wie bei einigen anderen Infektionen) gibt es bei SarsCov2 nicht.

Ist es nicht besser, sich jetzt anzustecken, wenn die Booster-Impfung noch nicht so lange her ist, als später, wenn der Impfschutz in ein paar Monaten nachlässt?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Nein, jede Infektion ist ein Risiko und es geht darum, jede Infektion zu vermeiden.

Ich muss Bahnfahren beziehungsweise im Café arbeiten. Was kann ich außer den üblichen Maßnahmen, Hygieneregeln, Maske, Abstand und Impfen noch tun?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Sie können darüber hinaus wenig tun. Ich würde mir aber auch in der Situation, wenn sie sich hygienisch korrekt verhalten, ihre Masken tragen, geboostert sind et cetera nicht den Kopf zerbrechen. Das Leben muss weitergehen und sie haben dann einfach alles Vernünftige getan. Und da gilt dann auch wieder der Appell an alle anderen: Wenn ALLE sich so hygienisch perfekt verhalten, geimpft und geboostert sind, muss sich keiner mehr einen Kopf machen. So wird ein Schuh draus. Wir kommen ja an immer mehreren Stellen inzwischen da hin, dass der Einzelne oft schon alles tut, was er kann und sagt: Was kann ich jetzt noch tun? Und da kommt dann letztendlich die Solidarität ins Spiel: Impfung und das hygiensch korrekte Verhalten sind eben nicht nur Eigenschutz, sondern eben auch Teil meiner solidarischen Pflicht als Teil dieser Gesellschaft. Und ich erwarte letztendlich von allen, dass sie sich dieser solidarischen Pflicht auch stellen, weil eben jeder Einzelne für sich immer nur einen Teileffekt haben kann.


Herr Prof. Dr. Ficker, die gesetzlichen Lockerungen ab März 2022 sind ja beschlossen. Kann ich denn jetzt, nach zwei Jahren Pandemie tatsächlich wieder einen ganz normalen Geburtstag feiern?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Ja, Sie können einen ganz normalen Geburtstag feiern, vorausgesetzt: Diejenigen, die da kommen, sind vernünftig, verhalten sich richtig und sind alle geimpft.

Gefahr für Kinder

Ich habe in den Fernseh-Nachrichten beatmete Babys auf einer Intensivstation in den USA gesehen, wie gefährlich ist Omikron für Neugeborene und wenige Monate alte Babys, die man ja noch nicht impft?

Prof. Dr. Joachim Ficker: In dieser Altersgruppe sind schwere Verläufe extrem selten. Das liegt an der Immunreaktion der Babys und da würde ich mir unterhalb von fünf Jahren im Augenblick (Stand: 19. Februar 2022) keine Sorgen machen. Die Abwägung für und wider Impfungen unter fünf Jahren ist schwierig und ich glaube, man darf da aber auch als Eltern oder Großeltern ganz entspannt herangehen. Schwere Krankheitsverläufe bei unter Fünfjährigen gesunden Kindern sind kein echtes Thema. In der Situation würde ich vor allem darauf achten, dass alle Menschen außen rum geimpft sind – also die Kinder ab fünf Jahren, Eltern, Opas, Omas, Onkel, Tanten, Freunde, Nachbarn. Das Beste, was man tun kann für Kinder unter fünf Jahren.

Ich arbeite in einem Risikobereich (Lehrerin) und habe kleine Kinder, die man noch nicht impfen kann. Wie schütze ich sie am besten? Meine Impfung ist klar, Hygieneregeln und Abstand auch. Was kann ich noch tun?

Chefarzt Prof. Dr. Joachim Ficker vom Klinikum Nürnberg. Foto: Simon Malik

Prof. Dr. Joachim Ficker: Sie haben alles Mögliche getan, vertrauen Sie darauf, dass das gut geht. Und klar: Ärzte, Lehrer, Eltern, Medien –  Wir alle haben gerade in diesen Zeiten auch einen Bildungsauftrag, mit dem wir dazu beitragen können und unermüdlich müssen, dass sich insgesamt möglichst viele um unsere Kinder herum impfen lassen und korrekt verhalten. Zum Beispiel, indem wir vermitteln, was das Impfen bringt: Damit sinkt für jeden Einzelnen in diesem Land das Risiko.

Hilfe, Longcovid?

Es rumpelt in meiner Brust, als wenn das Herz stolpert oder Aussetzer hat. Der Kardiologe sagt, es sei alles okay. Dennoch vielleicht ein Zeichen von Long Covid?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Wenn Hausarzt und Kardiologe sagen, es ist alles in Ordnung, würde ich mich darauf verlassen. Mehr kann ich aus der Ferne nicht sagen.

Wie lange braucht eine Lunge nach einer Corona-Infektion zur Erholung, bis sie wieder voll fit ist?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Es hängt sehr stark davon ab, wie stark die Lunge eingeschränkt war. Die allermeisten Menschen können e Wochen nach Beendigung der Infektion wieder Sport machen. Da würde ich mich aber mit dem Hausarzt beraten. Das ist individuell verschieden. Ich habe auch Patienten, die monatelang auf der Intensivstation waren und Jahre brauchen, bis sie sich wieder gut belasten können. Da reicht das Spektrum – mal wieder – von 0 bis 100. Bitte klären sie das individuell mit ihrem Arzt.

Ich habe von einer Ärztin gehört, die behandelt Long Covid mit einer Art Blutwäsche. Wie stehen Sie dazu?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Das ist grober, fahrlässiger Unfug. Mehr kann und muss ich dazu gar nicht sagen.

Besonders gefährdet?

Habe ich als Allergiker (Heuschnupfen) eine größere Gefahr, mich mit dem Coronavirus zu infizieren?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Nein. Es ist weder für Heuschnupfen-Patienten noch für Asthmatiker erhöht. Und ganz wichtig: Heuschnupfen-Patienten, Allergiker und Asthmatiker sollen bitte ihre Medikamente, insbesondere das Kortison-Spray für Nase oder Lunge, auf jeden Fall weiter nehmen wie bisher und auch nicht aus Sorge reduzieren. Denn je besser die Nase oder die Lunge behandelt ist, desto höher der Schutz vor jeglichen Infektionen.

Ich habe gehört, Corona-Infektion und auch -Impfung begünstigen Autoimmunerkrankungen der Haut oder der Schleimhäute. Meine Bekannte hat nun eine schlechte Haut. Ist da was dran?

Prof. Dr. Joachim Ficker: Aus der Ferne ist das im einzelfall immer ganz schwer zu beurteilen. Aber es ist so, dass nahezu alle Atemwegsinfekte Einfluss auf das Immunsystem haben können und wir wissen, dass Atemwegsinfekte eine Rolle spielen, bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen und das ist sicher auch bei der Erkrankung mit Covid-19 Bei der Impfung haben wir das bisher nicht gesehen.

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